Aktuelles zur Schädlingssituation in Kartoffeln

Derzeit deutet vieles darauf hin, dass wir ein schädlingsreiches Jahr bekommen. So findet man bereits in vielen Kulturen, aber auch in Hausgärten einen frühen und starken Befall mit Blattläusen. Auch Schnecken sind trotz des trockenen Frühjahres nach den geringsten Niederschlägen sofort wieder zu finden.

Spinnmilben

Ein spezielles Phänomen stellen inzwischen Befälle mit Spinnmilben dar. In meiner Region habe ich deren Schadsymptome in Kartoffeln erstmals 2017 in Oberfranken an einzelnen Schlägen und Sorten beobachtet. Im ersten Moment erinnerten die Symptome an Krautfäule, aber auch auf Alternaria oder Nährstoffmangel wurde getippt. Es fehlten aber der typische Sporenrasen. Bei einem Milbenbefall stirbt das Laub der Kartoffeln durch die Einstiche der etwa 0,5 mm großen Tiere frühzeitig ab, hängt am Stängel herunter, fällt aber nicht ab. Die Ertragsbildung der Kartoffel unterbleibt.

Das Symptomauftreten war meist nesterweise oder vom Feldrand her. Letzteres trat nach dem Mulchen des Feldrains auf. Wahrscheinlich sind die Tiere dadurch vom Feldrand vertrieben worden und in den Schlag eingewandert. Beim Betrachten der Blattunterseite mit der Lupe konnten dann die winzigen teils orangefarbenen Milben bzw. deren Eier gefunden werden. Auch 2018 konnte diese Symptomatik wieder vereinzelt beobachtet werden. Hielt man es bis dahin für einen jahrgangsbedingten Einzeleffekt, traten diese Symptome v.a. in südbayrischen Stärkekartoffelbeständen in anfälligen Sorten in den folgenden Jahren gehäuft auf. Nach Literaturangaben wirkt sich eine trocken-warme Maiwitterung Befalls fördernd aus. Die drastischen Schadsymptome werden aber meist erst im Juni/Juli augenfällig. Zu diesem Zeitpunkt ist es für effektive Maßnahmen bereits zu spät. Eine effektive Bekämpfung erfordert in gefährdeten Lagen und Sorten eine frühzeitige Beobachtung der Bestände (mit Lupe, blattunterseits!) und eine entsprechend rechtzeitige Reaktion, da es bei Befall und entsprechender Witterung zu einer rasanten und starken Vermehrung kommen kann.

Befall vom Feldrain her nach Abmulchen, weitere Bilder s. Ende des Beitrags

Durch die Notfallzulassung von Milbeknock (Wirkstoff: Milbemectin) steht uns seit kurzem ein wirksames Akarizid zur Verfügung.

Der Einsatz von Milbeknock ist bei frühem Befall (ab 3 beweglichen Milben/Blatt) am wirkungsvollsten. Milbeknock bekämpft alle beweglichen Stadien der Milbe. Es wirkt translaminar, sodass auch die auf der Blattunterseite sitzenden Spinnmilben erfasst werden. Die Kombination mit Ranman Top verbessert die Wirkung.

Meine Empfehlung:

1,0 l/ha Milbeknock + 0,5 l/ha Ranman Top

Milbeknock     – Knockdown für Milben

  • Wirkt auch bei hohen Temperaturen und bekämpft alle beweglichen Stadien der Milbe
  • Translaminar – erfasst auch Milben auf der Blattunterseite
  • Dauerwirkung von bis zu zwei Wochen

Blattlausbekämpfung und Virusabwehr in Kartoffeln

In den letzten drei Jahren können wir aufgrund von milden oder sogar fehlenden Wintern ein massives und vor allem frühzeitiges Blattlausaufkommen beobachten. Sie erscheinen im Frühjahr explosionsartig, befallen junge Blätter und Triebe und verschonen fast keine Kultur und Pflanzenart. In der Kartoffel fördern Blattläuse nicht nur das Auftreten des YNTN-Virus, welches in Knollen Ringnekrosen hinterlässt und diese somit unverkäuflich macht, sondern sie verursachen teilweise erhebliche Saugschäden, welche im späteren Verlauf durch den damit ausgelösten Stress auch das Auftreten von Alternaria fördern.

Die Wahl einer effektiven Bekämpfungsstrategie ist daher wichtig, um die Bestände lange gesund und vital zu halten.

Beginn und Während des Läusezuflugs

Zu Beginn des Läusefluges geht es vor allem in der Pflanzguterzeugung darum, die Besiedelung des Bestandes mit Läusen und deren Probestiche zu verhindern. Das ist wichtig, weil die Läuse bereits mit dem ersten Probestich das nicht-persistente Y-Mosaik-Virus übertragen können. Um dies zu verhindern, sollte im Pflanzgutbereich bereits in der Auflaufphase auf Läusezuflug geachtet werden und bei Gefahr mit Sumicidin Alpha EC behandelt werden. Der Wirkstoff Esfenvalerat gehört zur Gruppe der Pyrethroide und zeichnet sich vor allem durch seine starke Repellentwirkung und den Knock-down-Effekt aus. Dies bewirkt eine enorme Reduzierung der Anzahl an Probestichen.

Meine Empfehlung:

300 ml/ha Sumicidin Alpha EC in 300 – 500 l/ha Wasser

(kann in der Pflanzguterzeugung 2 x eingesetzt werden, im Konsumanbau 1 x)

Vorteile von Sumicidin Alpha EC

  • Hervorragende Repellentwirkung
  • Schneller Knock-Down-Effekt und Dauerwirkung
  • Beständige Wirkung unabhängig von der Temperatur

Hauptzuwachsphase bis zur Blüte

Haben sich nach der Zuflugphase Läuse im Bestand angesiedelt, ist es wichtig, diese sicher, nachhaltig und umweltverträglich zu bekämpfen, um eine weitere Entwicklung der Population einzugrenzen. Da sich in dieser Phase die Läuse meist versteckt auf der Blattunterseite, oft in eingerollten Blättern aufhalten, werden sie durch die Pyrethroide mit ihrer Kontaktwirkung nicht mehr ausreichend erfasst. Nun sollten Wirkstoffe mit einer systemischen Wirkung zum Einsatz kommen.

Teppeki1 wirkt gegen alle Blattlausarten in Kartoffeln und ist auch bei hohen Temperaturen wirksam. Der Wirkstoff Flonicamid wird systemisch, akropetal und translaminar in der Pflanze verteilt, sodass auch Läuse an der Blattunterseite sicher erfasst werden.

Meine Empfehlung

160 g/ha Teppeki1 in 200 – 500 l/ha Wasser

Vorteile von Teppeki1

  • Keine Kreuzresistenz zu anderen Insektiziden
  • Langanhaltende Wirkung gegen alle Blattlausarten
  • Wetterunabhängig und nützlingsschonend
  • Erfasst auch versteckt sitzende Läuse

Tipps:

  • Keine Tankmischung mit Öl oder anderen Additiven
  • Vor dem Einsatz von Teppeki1 Rücksprache mit dem Abnehmer bzgl. individueller Grenzwerte halten
  • Konsumbereich1: Einsatz 1 x bis zum Beginn der Blüte; Pflanzguterzeugung1: 2-maliger Einsatz möglich: 1 x vor und 1 x nach der Blüte, dazwischen Wechsel der Wirkstoffgruppe, kein Einsatz von Teppeki1 während der Blüte

Besonderheit für Pflanzguterzeugung

Durch eine kürzlich erteilte Notfallzulassung besteht nun auch die Möglichkeit ab 30‑50 % aufgelaufener Vermehrungskartoffeln Behandlungen mit dem Paraffinöl Promanal HP durch zu führen. Promanal HP besticht durch seine hochreine Paraffinölqualität und hohe Wirkstoffaufladung (830 g/l), ist schwefelfrei und gilt für ein Paraffinöl als pflanzenverträglich. Im Vergleich zu anderen Paraffinölen ist die Phytotoxizität deutlich geringer. Promanal HP tötet die Läuse nicht ab, sondern verhindert das Anstechen der Blätter durch die Läuse. Außerdem wird bei Probestichen der Saugstachel von anhaftenden Viren gesäubert und eine Übertragung wird deutlich minimiert.

Meine Empfehlung

2 x 7,0 l/ha Promanal HP in 200 – 400 l/ha Wasser

 

Tipps:

  • Intensive Kontrolle und zeitnahe Behandlung insbesondere bei virusanfälligen Sorten und kritischen Flugphasen (günstige Wetterlage, Erwärmung nach Regenphasen, windstille Abende)
  • Bei der Anwendung von Sumicidin Alpha EC oder Promanal HP auf ausreichende Wassermenge > 300 l/ha achten. Anwendung bei > 25°C vermeiden. Ausreichende Antrocknungszeit von 1-2 Stunden gewährleisten
  • Promanal HP nicht mit Fungiziden mischen. Eine Mischung mit Insektiziden ist möglich

1Einsatz von Teppeki in Kartoffel:

  • Konsumkartoffel: Keine Tankmischungen mit Öl oder anderen Addiven. Vor dem Einsatz von Teppeki Rücksprache mit dem Abnehmer bzgl. individueller Grenzwerte halten. Einsatz nur bis zum Beginn der Blüte.
  • Vermehrungskartoffel: Keine Tankmischungen mit Öl oder anderen Addiven. Vor dem Einsatz von Teppeki Rücksprache mit dem Abnehmer bzgl. individueller Grenzwerte halten. Einsatz nicht während der Blüte. Aussortiertes Erntegut sollten nicht für Lebens- und Futtermittelzwecke verwenden.

Weitere Symptombilder zum Milbenbefall

Für individuelle Fragen stehe ich Ihnen wie immer gerne zur Verfügung.

Mit vielen Grüßen und den besten Wünschen für die laufende Kartoffelsaison

Ihr

Helmut Schöler

Helmut Schöler
Telefon 0171 – 743 35 81
helmut.schoeler@belchim.com